Am letzten Abend des internationalen Festivals IMPRO 2005 wurde es wieder einmal offenbar: Es gibt kaum etwas Inspirierenderes für die Schauspieler, kaum etwas Aufregenderes für die Zuschauer, als ein internationales Ensemble auf der Bühne: Russen, die erfundenes Amerikanisch sprechen, Deutsche, die in einer amerikanisch-kanadischen Szene mitzuhalten versuchen, ein Brite, der sich verbal vornehm zurück hält und dafür umso körperlicher spielt, noch ein Russe, der, von seinem Kollegen ins Deutsche übersetzt, einfach russisch spricht – das sind nur einige Möglichkeiten, die an diesem Abend von den Akteuren genutzt wurden, um die Herausforderung der Mehrsprachigkeit zu meistern. Der besondere Reiz einer solchen Show kommt dadurch zum Tragen, dass alle Beteiligten – inklusive Publikum – am gleichen Strang ziehen: es geht um Verständigung über Sprachbarrieren hinweg.
Besonders augenfällig wurde das in einer Reihe von Szenen, in denen das Publikum miteinbezogen war: 3 Zuschauer saßen auf der Bühne auf 3 Stühlen und sollten einer gemeinsamen Tätigkeit nachgehen, die das Publikum festlegte. Es wählte Ostereier bemalen. Während die drei das nun pantomimisch darstellten, konnte man ihre Gedanken hören, die von drei Schauspielern gesprochen wurden: einer Amerikanerin, einem Deutschen und einem Russen, jeweils in der eigenen Sprache. Da das Publikum außer der Tätigkeit auch noch eine Beziehung zwischen diesen drei Personen (Ehemann, Ehefrau und Ex-Frau) bestimmte und einer von ihnen ein Gefühl zuordnete (Eifersucht für die Ex), war für alle genug zu tun: die drei Zuschauer bemalten die Eier und warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu, die Improvisateure interpretierten die Blicke und fassten sie in Worte, das Publikum sah und hörte gespannt zu und siehe da: - es verstand den russischen Ehemann! Nicht Wort für Wort, aber zumindest seine Lage zwischen den beiden Frauen, sein Hin-und Hergerissensein, und schließlich auch seine Entscheidung für eine von beiden.
Gerade die verbale Einschränkung, die internationale Shows erst einmal mit sich bringen, regen die Phantasie der Schauspieler und Musiker an, lassen sie körperlicher spielen, bringen Augen und Seele zum Leuchten, und diese gesunde Nervosität, diese fast greifbare Spannung zwischen den Akteuren ist für die Zuschauer - glücklicherweise – hochansteckend.